21. Januar 2014

Kurzgeschriebenes

Kurzgeschichte

Langeweile


Und der Ennui steigt in ihr auf. Unaufhörlich. Nicht nur, weil sie französisch spricht, weiß sie, was mit ihr passiert. Sie kennt dieses Gefühl schon seit Langem. Vielleicht sogar so lange sie denken kann. Wahrscheinlich. Denn könnte sie nicht denken, gäbe es wohl auch keine Langeweile. Lästig ist es dieses Gefühl, das immer wenn es auftaucht, verscheucht werden muss, wie eine Fliege, die um den Obstkorb kreist. Hört sie auf mit der Hand nach ihr zu wedeln, ist sie direkt wieder da. Um sie endgültig zu vertreiben, hilft nur totschlagen. Heißt es deswegen auch die Zeit totschlagen, weil man einfach nur abwarten und nichts tun kann. Das ist doch der Kern der Langweile, das Warten.
Sie wartet, dass etwas passiert, das die Leere füllt. Und so lange nichts kommt, keine Zerstreuung, keine Abwechslung, keine Ablenkung, bleibt sie in der Leere und mit der Leere allein. Bis andere Dinge in ihr hoch kriechen. Sie heften sich an die rauen Wände der Langeweile und schleichen sich langsam an, bis sie sie vergiften mit dem Gefühl der Sinnlosigkeit. Was bleibt, ist ein bitteres Gefühl, das sich um das Herz legt und es zuschnürt wie eine blutende Wunde, die gestillt werden muss. Doch rettet diese Verschnürung kein Leben, sondern zerstört es. Ihr Körper füllt sich mit dem Schmerz der Ohnmacht. Nicht mal ein Entfesselungskünstler könnte sie daraus befreien. So wird es langsam dunkel in ihr. Kummer und Traurigkeit sind bereits fort, sie ertrugen die Leere nicht. Ihre Konturen weichen auf, die Verbindungskräfte versagen und sie fällt auseinander. Die Schwärze bleibt auf dem Boden liegen wie eine Pfütze. Ein kleines Kind springt mit Gummistiefeln hinein und rennt lachend davon.

Foto: 99pixel/pixabay.com



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